Leitfaden – wie baue ich ein eigenes Testangebot auf?

Dieses Toolkit möchte Projekte, die niedrigschwellige Beratungs- und Testangebote für drogengebrauchende Menschen aufbauen oder weiterentwickeln wollen, hierin unterstützen.

Die Fülle an Informationen macht es nicht immer leicht, sich zurechtzufinden. Mit diesem Leitfaden möchten wir euch helfen, die für euch relevanten Infos zu finden. Unterstützt hat uns hierbei die Aidshilfe Ahlen, die uns erzählt hat, wie sie als Aidshilfe im ländlichen Raum ihr Testangebot aufgebaut hat.

Mit diesem Leitfaden möchten wir euch den Einstieg ins Toolkit für niedrigschwellige Testangebot für drogengebrauchende Menschen erleichtern.

Das Toolkit hat das Ziel, euch beim Aufbau, Ausbau, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung eures Testangebots zu helfen. Es ist sowohl für Projekte geeignet, die ein Testangebot aufbauen wollen, als auch für bereits bestehende Projekte.

Im Bereich "So funktioniert's / Hilfe" findet ihr grundsätzliche Infos zum Umgang mit dem Toolkit. Auf den meisten Seiten arbeiten wir mit Checklisten, die euch dabei helfen, die für euch relevanten Themen zu identifizieren und geben euch jeweils ein par wichtige Tipps und Hinweise. Auf dieser Basis könnt ihr dann eure Aufgaben und die nötigen Maßnahmen identifizieren und in die Checkliste eintragen. Auf dieser Basis könnt ihr dann immer einen Aktionsplan entwerfen, bei dem ihr die Maßnahmen festlegt und die jeweiligen Zuständigkeiten und Termine eintragt. Klingt kompliziert? Probiert es einmal aus und ihr werdet merken, dass das strukturierte Erarbeiten der Themen eine gute Unterstützung ist. Das gilt sowohl für den Aufbau eines neuen Projekts als auch zur Qualitätssicherung und -entwicklung. In der oben erwähnten Hilfe findet ihr den Umgang mit den Checklisten und die Nutzung für alle drei Möglichkeiten einfach erklärt.

Das Toolkit ist in 7 Kapitel unterteilt

  • Testprojekte: hier findet ihr eine Karte mit Testprojekten, die uns bekannt sind. Hier könnt ihr euch selber eintragen lassen oder Testprojekte finden, mit denen ihr euch vielleicht austauschen und vernetzen wollt.
  • Grundlagen: hier sind die Basics für den Aufbau eines Testangebots hinterlegt. Wie in allen anderen Bereichen kann es aber auch hilfreich sein, regelmäßig als bestehendes Projekt mal zu überprüfen, ob ihr noch irgendwo Lücken habt oder sich neue entwickelt haben und ob ihr an alles gedacht habt.
  • Ressourcen: Ressourcen sind oft ein kritisches Thema für Projekte. Hier gibt es wichtige Tipps zur Infrastruktur, Personal, Material und zur Evaluation.
  • Beratung und Weiterverweisung in die Versorgung: Grundlagen zur Beratung und Tipps für die Weiterverweisung findet ihr hier.
  • Kommunikation: ihr wollt euer Projekt bekannt machen? hier gibt es Hilfestellungen.
  • Interessensvertretung: Lobbyarbeit ist eine regelmäßige und wichtige Aufgabe. In diesem Bereich gibt es eine gute Übersicht und Hilfestellungen.
  • Weiterentwicklung/Innovation: dieser Bereich funktioniert zumeist etwas anders als die anderen. Hier haben wir viele Themen untergebracht, die euch helfen, euer Projekt weiterzuentwickeln. Hier sind aber auch wichtige Themen wie Fortbildung und kollegialer Austausch untergebracht. Dieser Bereich wird immer wieder weiterentwickelt und ihr findet hier immer wieder neue Infos - oder tragt selber dazu bei, dass er mit Leben gefüllt wird. Wie? Das findet ihr in den jeweiligen Bereichen.

Auf der Startseite findest du immer wieder News und Infos aus dem Themenfeld. Es lohnt sich daher, öfter mal vorbeizuschauen.

Dieses Toolkit kann dich in deiner Arbeit unterstützen und eine wichtige Ressource sein. Oftmals macht es darüber hinaus Sinn, sich mit Kolleg*innen auszutauschen oder einmal in einem Projekt zu hospitieren. Dieses kann für die eigene Arbeit sehr gewinnbringend sein und die Kolleg*innen profitieren durch den Austausch meist ebenso. Trau dich also. Hier findest du Projekte, die sich über Praxisbesuche oder Austausch freuen. Weitere Projekte findest du in der Karte der Testprojekte für drogengebrauchende Menschen.

Aus- und regelmäßige Fortbildung sind für die Qualitätssicherung wichtig. Die Deutsche Aidshilfe bietet regelmäßig Schulungen für Einsteiger*innen und Berater*innen an und hat große Auswahl an Materialien vorrätig. Ausgewählte Schulungen für Testprojekte für drogengebrauchende Menschen veröffentlichen wir auch auf der Toolkit-Seite. Hier kannst du auch eine Fortbildung eintragen, die du anbietest und bei der noch Plätze frei sind.

Wenn ihr auf der Suche nach Ideen oder Themen seid oder von anderen Projekten lernen wollt, so findet ihr im Bereich "Projekte stellen sich vor" good practice Beispiele und Kontaktdaten zu den jeweiligen Projekten.

Wenn du in unregelmäßigen Abständen wichtige Infos für niedrigschwellige Testangebote haben möchtest, abonniere gerne unseren E-Mail-Verteiler.

Dir fehlt noch etwas, du hast noch Fragen oder brauchst Unterstützung. Schreib uns gerne ein E-Mail an info@ivd-toolkit.de.

Oftmals hört man, dass sich ein Testangebot, das (auch) drogengebrauchende Menschen erreichen will, sich nur in der Großstadt lohnt. Das Angebot der Aidshilfe Ahlen ist ein gutes Beispiel dafür, dass das nicht der Fall ist. Auch im ländlichen Raum können niedrigschwellige Testangebote erfolgreich implementiert werden, wie das Beispiel der Aidshilfe Ahlen verdeutlicht.

Du bist motiviert ein Beratungs- und Test aufzubauen? Die vielen Kapitel und Checklisten des Toolkits verwirren und frustrieren dich aber und du findest keinen Einstieg?

Schau dir das Video mit Sandra von der Aidshilfe Ahlen an. Sie beschreibt sehr schön und verständlich, wie sie bei sich Vor-Ort alle Fragen gelöst hat, die das Toolkit adressiert. Das Toolkit hilft dir dabei, all' diese Fragen, vor denen du stehst. zu strukturieren, in überschaubare Aufgabenpakete zu packen und nach und nach umzusetzen.

Und du darfst klein anfangen. Du musst nicht sofort das volle Testprogramm anbieten. Fang mit dem an, was du für realisierbar hältst und bau das Angebot aus, wenn du dich dazu bereit fühlst. Das Beispiel aus Ahlen zeigt auch, dass rechtliche, organisatorische und fachliche Fragen sich oft leichter lösen lassen, als man denkt. Die Schulungen der Deutschen Aidshilfe (DAH) und die Ansprechpartner*innen in der DAH oder der Aidshilfe NRW können dir hier weiterhelfen. Praxisbesuche und kollegialer Austausch können dich weiterbringen. Oft liegt die Lösung nur einen Telefonanruf, eine Mail oder einen Besuch bei anderen Projekten weit entfernt.

Niedrigschwellige Testangebote für drogengebrauchende Menschen stellen sich immer wieder die Frage, wie sie ihre Zielgruppe erreichen. Teilweise gelingt dieses für bestimmte Zielgruppen oder Teile von Zielgruppen gut. Aber wie erreiche ich Zielgruppen, die ich bislang nicht erreiche.

Wir sprechen oft von "schwer erreichbaren Zielgruppen". Aber gibt es diese überhaupt? Die Gruppen, die für uns leicht zu erreichen sind, sind vielleicht für andere Projekte schwer zu erreichen - und umgekehrt. "Schwer erreichbare Zielgruppen" gibt es daher nicht. Wir haben nur (noch) keinen Weg gefunden, wie wir sie erreichen.

Die größere Herausforderung sind oft "blind Flecken". Welche Zielgruppen haben wir vielleicht gar nicht auf dem Schirm? Welche haben wir vergessen? Wo denken wir, dass wir Menschen noch erreichen, weil wir es früher mal getan haben? Szenen und Communities verändern sich und wir sollten uns immer wieder fragen, ob wir uns hinreichend mit verändern.

Egal ob wir eine klar umrissene, überschaubare Zielgruppe haben oder eine Vielzahl von Zielgruppen mit unserem Angebot ansprechen: Es gibt zwei wichtige Strategien, wie wir Zielgruppen besser erreichen.

Kooperationen

Kooperationen mit anderen Organisationen können uns helfen, Zielgruppen zu identifizieren und anzusprechen. Vielleicht haben wir keinen Zugang zu einer bestimmten Gruppe, die wir gerne erreichen möchten - aber die Organisation, die mit uns in einem Haus oder in der Nachbarschaft sitzt, arbeitet viel mit dieser Zielgruppe. Kooperationen können hier eine wichtige Ressource sein. Mehr über Kooperationen und wie man sie aufbaut und pflegt findet ihr im Kapitel "Zusammenarbeit" hier im Toolkit.

Beteiligung und Empowerment

Ihr habt jetzt schon unzählige Teamsitzungen gemacht, um zu überlegen, wie ihr eine konkrete Zielgruppe erreicht. Leider ohne Ergebnis. Zufällig sprecht ihr mit euren Nutzer*innen im Kontaktcafé hierüber - und bekommt den entscheidenden Hinweis!

Oftmals wissen eure Nutzer*innen, die ihr schon mit eurem Projekt erreicht, wie ihr andere Menschen erreicht. Sie kennen die Szenen, haben Kontakte, die ihr vielleicht nicht habt, nutzen auch andere Angebote, mit denen ihr kooperieren könnt...

Nutz diese Ressource aktiv. Nicht nur, um euer Netzwerk zu vergrößern. Für Beteiligung und Empowerment gibt es eine Vielzahl von guten Gründen. Und ja: Auch drogengebrauchende Menschen lassen sich aktivieren und am Projekt aktiv beteiliegen. Das Buddyprojekt von VISION e.V. in Köln ist ein sehr gutes Beispiel hierfür.

Neugierig geworden? Hier findest du mehr über Beteiligung und Empowerment. Und wenn du wissen möchtest, wie die Beteiligung von Peers im Buddyprojekt die Anbindung an die Versorgung verbessert, schau doch mal in das Kapitel "Anbindung an die Versorgung".

Jedes Projekt kann einen Weg finden, Zielgruppen besser zu erreichen. In der Stadt und in ländlich geprägten Regionen. Sandra von der Aidshilfe Ahlen erzählt euch im Video, wie sie das im Kreis Warendorf gelöst haben.

Manche Vorurteile hören wir immer wieder. So auch, dass sich (teure) Behandlungen bei drogengebrauchenden Menschen "nicht lohnen", diese "sowieso rückfällig werden", sie nicht adhärent sein können etc.

Dabei sind die meisten dieser Vorurteile wissenschaftlich und in der Alltagspraxis widerlegt. Viele drogengebrauchende Menschen haben gleichzeitig schon schlechte Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem gemacht. Manche haben daher Hemmungen und Probleme damit, Ärzt*innen oder andere Gesundheitsdienstleister aufzusuchen.

Leider kann eine Behandlung der Menschen, die unsere Angebote aufsuchen, nur in den wenigsten Projekten direkt angeboten werden. Viele Projekte haben das Ziel, dieses einmal umzusetzen. Denn ein "One Point Shop" von Beratung, Test und Behandlung hat große Vorteile. Gerade auch für Menschen, die vielleicht ein nicht so stetes Alltagsleben haben.

Aber ich kann eine Menge dafür tun, dass die Menschen, die ein positives Testergebnis erhalten haben, auch die für sie wichtige Behandlung erhalten. Kooperation und Zusammenarbeit mit Ärzt*innen, Kliniken und anderen Einrichtungen kann ein wichtiger Punkt sein. Gute Erfahrungen wurden auch mit Buddybegleitungen gemacht. Die Projektmitarbeitenden begleiten die positive getesteten Menschen zum Arzt oder in die Klinik und unterstützen sie so dabei, gut versorgt zu werden. Aber müssen das wirklich die Mitarbeitenden sein? Buddybegleitungen können auch sehr erfolgreich auf Peerebene umgesetzt werden: drogengebrauchende Menschen, die z.B. schon Erfahrungen mit der Behandlung haben und sich zum Buddy haben ausbilden lassen, begleiten andere drogengebrauchende Menschen auf ihrem Weg ins Gesundheitssystem. VISION e.V. in Köln zum Beispiel hat eine solche Peer-to-Peer-Buddybegleitung implementiert. Die Videos hierzu und eine Reihe weiterer Informationen zur Anbindung an die Versorgung findest du im entsprechenden Kapitel.

Auch die Aidshilfe Ahlen bietet eine Buddybeleitung an. Im Video findest du zudem Anregungen, wie auch im ländlichen Raum die Anbindung an die Versorgung möglich ist.